schafft ein bedingungsloses grundeinkommen neue probleme?

 

in meinem letzten blog vom vergangenen freitag schrieb ich:

„Zum Abschluss noch eine persönliche Anmerkung.
Das bedingungslose Grundeinkommen ist keine „eierlegende Wollmichsau“ und keinesfalls der alleinige Problemlöser für alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme.“

 

ich bin ja grundsätzlich immer misstrauisch, wenn jemand glaubt, die alleinseligmachende wahrheit zu besitzen, bzw. eine endgültige lösung für alle probleme der menschheit zu haben.

(ich gesteh aber, dass ich durchaus das talent dazu habe, eben manche „wahrheiten“ mit vehemenz zu vertreten.)

 

und genau deswegen war die schweizer initiative zum BGE so wichtig.

es war „die“ initialzündung im deutschen sprachraum die debatte über zukünftige lösungen in bezug auf existenzsicherung in den mainstream zu verlagern.

 

diskussionsstoff über die zukunft unserer gesellschaft gibt es zur genüge.

die digitalisierung (industrie 4.0) und ihre auswirkungen auf den arbeitsmarkt ist eine der wesentlichen zukunftsfragen.

die frage über die verteilung der von einer gesellschaft gemeinsam erwirtschafteten gewinne stellt sich in diesem zusammenhang ebenso, wie die unterschiedliche wertigkeit und notwendiger weise die neubewertung von tätigkeiten für diese gesellschaft.

die klimaentwicklung und die absehbarkeit vom ende diverser ressourcen werden auf unser aller zusammenleben einen mindestens ebenso grossen einfluss haben.

 

seien wir uns ehrlich – wir alle wissen, da wird es keine „einfachen“ lösungen geben.

auch das bedingungslose grundeinkommen kann das nicht.

wichtiger zusatz:

kann das nicht ALLEINE.

 

aber es kann/soll/muss teil dieser notwendigen veränderungen sein.

ein wichtiger teil.

 

noch wird das BGE von vielen vor allem als soziales projekt gesehen.

es soll die eixstenz von menschen ohne würdeverlust sichern.

ein sehr wichtiger und grundsätzlicher ansatz des bedingungslosen grundeinkommens.

 

aber ich denke, das greift zu kurz.

meines erachtens sind sowohl die wirtschaftlichen aspekte, als auch die gesellschaftsverändernden ebenso wichtig und wesentlich.

 

natürlich ist eine existenzielle absicherung bei den zu erwartenden verlusten von arbeitsplätzen ein essentielles thema.

darüber hinaus kann das bge aber für eine natürliche neuverteilung der auch in zukunft notwendigerweise zu verrichtenden arbeiten sorgen. ganz ohne arbeitsplatzmassnahmen oder die dogmatische einhaltung einer regelarbeitszeit.

so wie eine gesetzlich vorgegebene wochenstundenanzahl dann nicht mehr notwendig ist, trifft das auch auf das pensionsregelantrittsalter zu.

wer lebenslang arbeiten will – und viele der „eliten“ (wissenschafter, künstler, unternehmer usw.) tun das auch heute schon –  soll das tun.

und wer keiner „erwerbsarbeit“ nachgehen will, muss das auch nicht.

der arbeits“markt“ wird also ohne dem zwang zur arbeit ein sehr viel ehrlicherer sein.

 

ein bedingungsloses grundeinkommen wäre auch die grundlage für einen „schlankeren“ staat. die verwaltung unterschiedlicher transferleistungen könnte zb entfallen.

und damit in zusammenhang das erfassen vieler unnötiger daten.

 

gesamtgesellschaftlich muss auch der aspekt der gendergerechtigkeit durch ein bedingungsloses grundeinkommen angesprochen werden.

viele frauen, die bisher in ihrer finanziellen existenz unmittelbar an einen eventuellen partner gebunden sind (siehe anrechnung des partnereinkommens bei transferleistungen) erhalten durch das bge auch ökonomisch mehr selbstbestimmungsrecht über das eigene leben.

 

das – und noch viel mehr, zb die auswirkungen auf die kleinbäuerliche struktur der österreichischen landwirtschaft, stichworte: nebenerwerbsbauern oder landflucht – sind aspekte, die in den bisherigen diskussion kaum vorgekommen sind.

 

es wird noch vieler – auch kontroversieller – diskussionen bedürfen.

etwa über die höhe und anzahl des auszuzahlenden betrages.

die frage der finanzierung und die möglichen modelle.

zeitpunkt und art der einführung.

 

aber und zurückkommend auf meinen oben zitierten beitrag, bleibt für mich der entscheidende und wesentliche ansatz die möglichkeit zur änderung des denkens und somit zur weiterentwicklung unserer gesellschaft in eine bessere für alle mitglieder.

 

Ein garantiertes Einkommen, das im Zeitalter des wirtschaftlichen Überflusses möglich wird, könnte zum erstenmal den Menschen von der Drohung des Hungertods befreien und ihn auf diese Weise von wirtschaftlicher Bedrohung wahrhaft frei und unabhängig machen. (erich fromm, 1966)

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