also stellts euch vor, ich sitz da in der steiermark in einer gartenlaube, die sonne scheint vom wolkenlosen himmel, das frühstückssemmerl ist noch warm vom bäcker im ort und die eier fürs frühstück bringt jede woche der bauer frisch von glücklichen hühnern.

ich muss auch grad nix hackeln und geniesse die ungestörte ruhe.

kein strassenlärm, keine flugzeuge und auch sonst nix nerviges.

nur die berühmten vögel, die bei so einer idylle immer zwitschern, tun das jetzt auch.

a perfect day!

auch mein soziales, ökologisches und gesellschaftliches gewissen ist grad ganz im reinen mit sich selbst.

bin ich doch sozusagen in fast unberührter natur – das bissl strom aus der steckdose für den lapi kommt nahezu sicher aus einem wasserkraftwerk und wird so die weltmeere schon nicht zum überlaufen bringen – und handle nachhaltig und regional mit der wahl meines frühstücks.

also fast halt.

weil da beginnt jetzt das dilemma.

der kaffee.

es gibt halt so wenig kaffeeplantagen in der steiermark.

der kaffee kommt also von weit her.

mit dem schiff und verursacht so einen haufen dreck.

aber es ist sogar noch viel schlimmer.

daheim verwende ich ja in der zwischenzeit und meinem umweltgewissen folgend eine espressomaschine mit siebträger.

aber hier in der laube kommt eine der schon ziemlich bequemen kapselmaschinen zum einsatz.

und dann kommt mir auch noch so ein zeitungsartikel unter, der mir erst recht bewusst macht, was wir da eigentlich alles mit unserer umwelt anstellen.

„Mit unserem Lebensstil schädigen wir den Planeten unwiderruflich. Jeder weiß es, keiner tut wirklich etwas dagegen.“

natürlich bin ich auch schon des öfteren in einem flieger gesessen.

und natürlich fahr ich mit dem auto – auch wenns nicht notwendig wär.

da nutzts nix, wenn ich meinen mist in verschiedene sackeln tu.

plastiksackeln übrigens – auch so ein umweltproblem.

ich frag mich aber, was wir so allgemein tun können?

keinen kaffee mehr trinken?

aber was tät das für die kaffeebauern in kolumbien oder nicaragua bedeuten?

kritik an meinem und unser aller lebensstil gibt’s ja schon länger.

das zur aufrechterhaltung meines schönen lebens angeblich notwendige wirtschaftswachstum stösst ja durchaus auf kritik.

also ist das wirtschaftswachstum schuld.

unser ganzes system halt.

der kapitalismus sagen da halt auch einige.

da steht dann nämlich in einer kritik zum thema wachstum nämlich folgender satz:

„Die Kardinalantwort des Kapitalismus darauf war und ist Wachstum: immer mehr Waren, immer mehr Geld, immer mehr Akkumulation – und das immer schneller. So kann, zumindest eine Zeit lang, der mit den oben beschriebenen Produktivitätssteigerungen einhergehenden krisenhaften Tendenz begegnet werden. Unangenehmer Nebeneffekt des Wachstumsgebots ist allerdings die Untergrabung der menschlichen Reproduktionsbedingungen durch immer weitere Ausdehnung des Verwertungsparadigmas auf alle Aspekte des gesellschaftlichen Lebens, und vor allem auch auf unsere natürlichen Lebensgrundlagen.“

das klingt natürlich ziemlich intellektuell und theoretisch und liest daher fast niemand.

zumindest ned jene, dies lesen sollten, weil sie hauptursächlich für das problem verantwortlich sind.

und verstehen tätens das wahrscheinlich auch nicht.

ich habs gelesen und glaub, ich habs auch verstanden.

aber was tät das für mich und meinen frühstückskaffee bedeuten?

und wie tät ich überhaupt in die steiermark kommen ohne mein auto?

ich geb zu, dass ich nicht auf meinen frühstückskaffee in ordentlicher qualität verzichten mag.

und solang die massenverkehrsmittel nicht bequemer und billiger werden, auch nicht auf mein auto.

ich bin also irgendwie auch einer von den profiteuren des systems.

ich geb aber schon zu, dass es auch einen haufen leut gibt, die viel mehr haben, als sie je brauchen und denen es gar ned auffallen tät, wenn sie ein bissl weniger haben statt immer mehr.

aber – ja, schon wieder ein aber – ich seh ja da mit dem (notwendigen?) wachstum ganz ein anderes problem.

weil wir alle insgesamt auf dieser welt, werden ja auch immer mehr.

also auch wachstum.

wenn wir also nicht mehr von allem produzieren, täten die neuen ja gar nix mehr bekommen.

und ich tät ja eigentlich jedem menschen auf diesem planeten gönnen, dass er so eine perfekten tag haben kann wie ich in der laube.

am besten eigentlich jeden tag.

dazu brauchts dann zb mehr espressomaschinen.

oder aber mehr waschmaschinen.

weil waschmaschinen sind ja eigentlich noch viel wichtiger als espressomaschinen.

und es gibt ja weit mehr erdenbewohnerInnen, die keine waschmaschinen haben also solche mit.

da frag ich mich dann schon, wie sollen die alle eine waschmaschine bekommen, wenn nicht mehr waschmaschinen produziert werden?

kriegen die dann alle keine waschmaschinen, fahrräder, smartphones oder espressomaschinen?

oder müssen wir, die wir all die sachen und noch viel mehr haben, mit denen teilen?

also ein bissl teilen tät ich ja schon.

aber wie weit wär jemand wie ich bereit zu teilen?

reichts, wenn ich bei meinem resourcenverbrauch ganz zurückhaltend bin, den müll trenne, in den supermarkt meine einkaufstasche mitnehm und keine plastiksackerln mehr verwend, mehr zu fuss geh statt auto fahr und nimmer nach griechenland in den urlaub flieg?

(kleiner einschub: wenn ich nimmer nach griechenland zum urlauben flieg, wie schaffen es dann die griechen ohne fremdenverkehr aus ihrer misere rauszukommen?)

wie weit wär unsere „zivilisierte“ gesellschaft bereit mit jenen zu teilen, die noch gar nix haben?

und wie tät ma das organisieren?

und das alles am besten schon morgen, weil übermorgen könnts ja schon zu spät sein.

ganz ehrlich – ich weiss es nicht.

ich komm jetzt noch einmal ganz zurück zum anfang und zur idylle.

weil wie ich dann nach dem frühstück festgestellt hab, war die ruhe auch darauf zurückzuführen, dass bei den nachbarn rundherum überall so elektrische rasenmähroboter herumgefahren sind. und die machen im gegensatz zu normalen rasenmähern so überhaupt keinen lärm. da hätt ich nicht in ruhe die zeitung lesen und philosophieren können. und die jeweils für den geschnittenen rasen zuständigen hätten ihre zeit auch nicht mit was anderem verbringen können.

wenn wir uns also jetzt drauf konzentrieren, dass alle welt waschmaschinen kriegt, was eh schwer genug sein wird, gibt’s dann keinen weiteren fortschritt in bezug auf meine lebensqualität?

weil es ist ja auch noch nicht so lang her, dass der kaffee in der von mir bevorzugten qualität nicht so einfach zu kriegen war. und daheim oder in der laube schon gar nicht.

da hätts dann auch nie geschirrspüler oder staubsauger gegeben.

oder keine notebooks und kein internet.

und wie tät ich euch dann von meinem perfekten tag berichten?

in diesem sinne:

bleibt´s gsund und losst´s eich nix gfoin!

und passt´s auf eich auf!

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1 thoughts on “A Perfect Day

  1. Denk an Adorno:
    „es gibt kein richtiges Leben im Falschen.“

    Genau das nicht-Aufgeben-wollen von diesen kleinen Annehmlichkeiten, diese angeblichen Notwendigkeiten und Unverzichtbarkeiten (anders betrachtet: Abhängigkeiten – weil schwer verzichtbar) werden uns allesamt in den Abgrund stürzen. Oscar Wilde sagte vor geraumer Zeit: We live in an age when unnecessary things are our only necessities.

    Und diese Notwendigkeiten sind bei genauer Betrachtung meist Ablenkungen und Aufmerksamkeitsdiebe, damit uns nicht langweilig wird.

    Dabei ist es gar nicht so lange her, dass diese heutigen Annehmlichkeiten unvorstellbar (weil unbekannt) oder großer Luxus waren. Das war in den 1960er, 1970 und auch 1980er Jahren.

    Entscheidend ist: Waren die Menschen damals unglücklicher als heute, ging es Ihnen objektiv schlechter, ausserhalb des quantitativen Wachstums?
    Sind wir seither qualitativ gewachsen?

    Und gleichzeitig blenden wir aus, dass es 100e Millionen von Menschen gibt, die am absoluten Limit leben.

    Übrigens lese ich Ihre Beiträge recht gerne.

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