Ein Gastkommentar von Judith Wieser

Ich hätt’s ja noch geschafft, meine Klappe zu halten, würde ich nicht die ZiB2 und den Auftritt von Köstinger „nach“-schauen.

Also – zu den Massentests:

Punkt 1 – die Slowakei musste feststellen, dass diese Momentaufnahme keine relevante Wirkung auf das allgemeine Infektionsgeschehen hat. Wusste man schon vor über einer Woche – heute war es bestätigt in den Medien.

Punkt 2: Warum hat sich Kurz so kurzfristig dazu entschieden – wofür brauchen wir die Massentestung nach einem Lockdown:

Weil es nach „Aktion“ ausschaut und weil nach dem Lockdown die Infektionszahlen natürlich drastisch gesunken sein werden und auch die Dunkelzifferstudie, die grad veröffentlicht wurde, dadurch entkräftet wird.

Was brauchen wir? Gute Zahlen – für’s Weihnachtsgeschäft und noch viel, viel mehr – für den Schitourismus – es muss unbedingt schon über Weihnachten „Schifoan“ geben (witzig, wenn man hört, was die Nachbarländer davon halten).

Das könnten die Zahlen nach dem Lockdown durchaus hergeben, wenn man ignoriert, dass das kaum Effekt auf die weitere Ausbreitung gibt, wenn man dann schon wieder generell aufsperrt.

Nächster Punkt – 3: Die FPÖ ruft zum Boykott der Massentests auf, mit dem Argument, dass man sonst nicht Weihnachten feiern kann. War vorher für „Überinformierte“ schon klar – wurde in den Nachrichten auch bestätigt: Die Testtermine sind so angelegt, dass jede Quarantäne vor Weihnachten endet. Also FPÖ-doof, wie immer.

Und dann kommen die Punkte 4 und 5:

Die „echte“ Masse – nicht die (im Grunde wenigen) Corona-Schwurbler und-Leugner, nicht die auch kleine Blase, die sich ständig an den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert: Die „Vielen“ geben sich gegenseitig die Botschaft weiter, „Geht zu den Massentests für ein sicheres Weihnachten!“ (+ die FPÖ will, dass wir an Weihnachten Oma und Opa Corona „schenken“!!11!).

-> Die kommenden Massentests sagen nichts darüber aus, ob wir zu Weihnachten infiziert/infektiös sind, oder nicht – man kann sich sofort nach Testabgabe und in den Wochen bis Weihnachten infizieren. Aber so eine groß angelegte Aktion ohne solche Aufklärung vernebelt diese Fakten massiv.

Next: Bei den Schnelltests gibt es eine nicht zu verachtende Anzahl (auf die Gesamtbevölkerung gerechnet) an falsch positiven Tests. Deshalb war es bis jetzt so, dass ein positiver Schnelltest mit einem PCR-Test bestätigt, oder entkräftet wurde.

Nachfolgende PCR-Tests sind bei dieser Masse an Testungen aber nicht vorgesehen. „Höchstens“ ein zweiter Schnelltest….

Antikörpertests für „danach“ für positiv in Quarantäne geschickte Leute sind aber auch nicht vorgesehen, was eine Menge an Menschen verursacht, die falsch positiv waren und meinen, jetzt wenigstens kurzfristig immun und nicht ansteckend zu sein -> die Menge an Leuten, die an sichere Familienfeiertage ‚glauben‘, steigt.

Letztlich kann die Massentestung ein paar Infektionsketten durchbrechen – mehr Potential hat diese ziellose Aktion nicht – die weit größere Gefahr ist, dass wirklich viele Menschen denken werden, zu Weihnachten „save“ zu sein. Und das Weihnachtsfest ‚könnte‘ somit zu einem epidemiologisch fatalen Familienfest werden – bloß, damit der Wintertourismus stattfinden kann.

Ich sag’s nochmal: Nur, damit der Wintertourismus stattfinden kann.

Mit oder ohne Massentest bleibt das Weihnachtsfest heuer eine Hochrisikoveranstaltung. Aber das „passt“, weil es sich in Geld gegenrechnen lässt.

Der Faktor Volksgesundheit zählt in unsrem System nicht wegen des „Wohlbefindens“ der Menschen, sondern nur, inwieweit wir Image-Technisch bei überforderten Krankenhäusern nicht wie ein Dritte-Welt-Land dastehen, inwieweit zu viele Ausfälle von Arbeitsfähigen durch Erkrankte der Wirtschaft schaden – und – ob eine 4-stellige Zahl an verstorbenen Omas und Opas dem touristisch-finanziellen Schaden wirklich entgegensteht.

Ich sehe diese Massentestung als die größte Verarsche seit den angeblichen Ausgangssperren und der Osterverordnung im Frühling – nur in dem Fall umgekehrt – gesundheitlich gefährlicher, weil einfach nur finanziell abgewogen und Roulette gespielt wird.

Ich bin absolut, nicht nur für den solidarisch-gesellschaftlichen Schutz aller, sondern gleichermaßen für die Selbstbestimmung sämtlicher Risikogruppen – und der Gedanke „Es könnte ja mein letztes Weihnachtsfest sein“ und dahingehend folgende Entscheidungen, müssen jedem Menschen zugestanden werden – gerade sie entscheiden schon Jahrzehnte länger über ihr eigenes Leben, als derzeit Verantwortliche und Besorgte.

-> Aber: Mittlerweile können wir davon ausgehen, dass Risikogruppen in den ersten 3, 4 Monaten des nächsten Jahres geimpft werden können – und Weihnachten durch ein Familienfest im beginnenden Frühling zu ersetzen ist eine zeitnahe Perspektive. Darum finde ich es nicht angebracht, „5 Minuten“ vor der Impfung in einen „Weihnachtsfatalismus“ zu verfallen – und wirklich abscheulich, welche bewusste „Nicht-Information“ betreffend der neuen Massen-Show, die uns und unsere Liebsten betrifft, gerade von der Regierung abgezogen wird.

Sinnvoll ist dieser Test für alle, die z.B. bald wieder in Schule gehen (Lehrer*innen, wie Schüler*innen), sinnvoll, für Alten- und Pflegeheime und alle in Gesundheitsberufen (so sie nicht eh schon gezwungen sind ‚positiv‘ zu arbeiten).

Direkt nach dem Lockdown müssten die Infektionszahlen niedrig sein – auch was die Dunkelziffer betrifft.

Und noch eines – die öffentliche ministerielle „Überraschung“, dass Wien so früh mit dem Massentest beginnt, ist natürlich auch nachvollziehbar: So früh wird sich der Einfluss des „harten“ Lockdowns noch nicht komplett in Zahlen niedergeschlagen haben – deshalb ist das von Regierungsseite natürlich unerwünscht.

Wie, wann und aus welchen Gründen diese Regierung Maßnahmen setzt, entbehrt praktisch immer wissenschaftlicher Logik oder wissenschaftlicher Warnungen – und vor allem – der vorgegeben Sorge um unser aller Gesundheit.

Und deshalb: Nein – wer nicht wirklich Kontakt zu einem Infizierten hatte, oder zum Zeitpunkt der Testungen befürchtet, gerade infiziert zu sein (mit Symptomen sollte man sich ohnehin über 1450 zuhause testen lassen und sich nicht in eine Warteschlange stellen – funktioniert ja mittlerweile wirklich schnell), oder eine Momentaufnahme für ein Treffen an diesem Tag braucht – kann sich den Weg zu Kurzens Massentestshow schenken.

Ein „Corona-freies-Weihnachten“ oder ein epidemiologisch relevantes „Wunder“ wird es davon nicht geben.

Und hier noch als Draufgabe die Schlussfolgerung der Uni Graz zu den Massentests

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1 thought on “klappe halten!

  1. warum sollten auch Testerei & Tracing (also WISSENSfragen irgend einen Einfluss auf ERKRANKUNGEN oder „Infektionen“ (die zu 80% mit“schwachen Symptomen“ IRRELEVANT sind) haben ???

    „Public Health“ entstand in den 1980ern als Institut der (pst nicht wundern) Johns Hopkins Univ., und zwar als Anti Terror Think Tank, bis es nach 3x Umbenennen zur Public Health wurde.

    (Buch „angekündigte Krise“ von Paul Schreyer, mit 250 Quellen Angaben: Verschwörungstheorie gibt es dabei nur eine, nämlich dass ein Virus die Menschheit bedrohe und tödlich
    — no na, das ist jedes Virus —
    und (!) „neuartig“ sei, schon mal was von Sars(1)/Mers 2002/2003 gehört? Corona nennt sich korrekt Sars(!)-2-Covid-19 …)

    Entscheidung fällt schwer, das ganze Corona Theater eher als retro „Kaisers-neue-Kleider“ oder als modernes „il Principe“ empfinden zu wollen …

    Linke haben 1992-94 vor dem EU Beitritt 95 (jaja wie Windows 95 🙂 ) den Fehler gemacht, sich von EWG/EU soziale Verbesserung zu erwarten (und wurden damals mit „International“ Suggestionen über den Tisch gezogen).

    und Linke versprechen sich momentan offenbar mehr Solidarität durch mehr Zusammenrücken.

    beides wird geschichtlich in spätestens 50 Jahren höchstens einen Lacher wert sein,
    denn
    Testreihen & Tracing befördern ganz sicher Bespitzelung, Vernadern & Diffamierungen, aber genauso sicher NICHT Schutz vor Viren

    (den kann nur ein intaktes immun System bieten, also Vitamine und Bewegung in Luft mit mehr Sauerstoff und weniger industriellen NO2, NO3 & Co)

    wogegen (mir) „Virus ausrotten“ eher das Wort Endlösung suggeriert …

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