Die Causa und das Urteil

Der Schauspieler Florian Teichtmeister wurde wegen Besitzes und Herstellung von Material mit bildlichen Missbrauchsdarstellungen von Kindern (§207a StGB) vom Wiener Landesgericht für Strafsachen zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und einer bedingten Einweisung verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Das Gericht folgte damit den Empfehlungen des psychiatrischen Sachverständigen Peter Hofmann, der sich für diese Maßnahmen ausgesprochen hatte.

In Justizkreisen wird das Urteil als streng, aber vertretbar angesehen. Die Begründung der Entscheidung – die Milderungsgründe wie das reumütige Geständnis, die bisherige Unbescholtenheit und der selbstständige Therapiebeginn – wird überwiegend als schlüssig gesehen.

Generell ist die Zahl der Fälle derartiger Straftaten in Österreich das siebente Jahr in Folge gestiegen und erreichte 2022 einen Höchststand von 2060 Fällen. Davon wurden. 91,7 % von der Polizei aufgeklärt.
Die Dunkelziffer dürfte aber bedeutend höher liegen. So wurden im vergangenen Jahr bei der Meldestelle „Stoponline“ rund 8.000 Fälle gemeldet.

Die Reaktionen

Die Reaktionen nach dem Urteil im Fall Teichtmeister waren vorhersehbar.

So twittert Heimo Lepuschitz (FPÖ-naher PR-Berater)

„Ein Skandalurteil im Sinne der Generalprävention. Ein Freibrief für Kinderschänder. Eine Schande.“

Und einer unserer nichtsnutzigen nichtamtsführenden Wiener Stadträte, D.Nepp, ebenfalls auf X – formerly known as Twitter:

„Wenn der Rechtsstaat so versagt, braucht man sich in Zukunft über Selbstjustiz nicht wundern.“

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) fehlt „als Familienvater und Staatsbürger“ das Verständnis und Jugendstaatsekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) fordert ein energerisches Vorgehen gegenüber Kinderschändern.

„Der Strafrahmen für Kinderschänder muss deutlich erhöht werden. Ich fordere eine Verdoppelung bis Verdreifachung.“ 

Wobei die Frau Plakolm übrigens in einem Atemzug auch für die „Klimakleber“ Strafverschärfung einfordert und es somit schafft das alles in einen Topf zu werfen.

„Wir benötigen hohe Haftstrafen für Berufsdemonstranten und Demo-Touristen aus dem Ausland.“

Das Schundblatt Österreich urteilt gleich selbst – und titelt mit

„Urteil der Schande“.

Und da kommt mir die „Nacht der Schande“ und die nächtliche Abschiebung im Fall Tina in den Sinn.

Kinder haben in Österreich einen in der Verfassung festgelegten besonderen Schutzstatus.

Halt nur dann nicht, wenn abgeschoben wird. Dann sind Kinderrechte obsolet.


Diese sich hier offenbarende Bigotterie kotzt mich an. Gerade jene schreien am lautesten nach „Schutz der Kinder“, die keine Hemmungen haben bei Nacht und Nebel Kinder abzuschieben. Rechtswidrig wie der VwGH im nachhinein feststellte.

Keinen Schutz geniessen auch jene Kinder die tagtäglich im Mittelmeer ersaufen.

Letzte Schlagzeile vom 13.9.d.J.

Bub (5 Monate alt) kurz vor Lampedusa ertrunken

Diese Kinder dienen offensichtlich zu nichts anderem als jene schrecklichen Bilder zu erzeugen ohne die es – lt. ex-ex-Kanzler Kurz – nicht gehen wird.

Eine fundierte kulturpsychologische Studie, warum gerade sexuelle Gewalt gegen Kinder viele Leute so aufregt, die es nicht kümmert, wenn Kinder geschlagen werden oder im Mittelmeer ertrinken, würde wohl interessantes zu Tage fördern..

Mit ihrer aggressiven Kritik am Teichtmeister-Urteil folgen FPÖ und ÖVP einem Leitmotiv des internationalen Rechtsextremismus und wer Kinderschutz zum Kampfthema macht um damit politisches Kleingeld einzusammeln, missbraucht eben diese Kinder ebenfalls.

Das Grundsätzliche

Ich verstehe die Empörung über die Tat. Ich verstehe die unmittelbare Reaktion vor allem von persönlich Betroffenen.

Von einer demokratischen, zivilen entwickelten Gesellschaft erwarte ich aber eine Reaktion, die mit dem nötigen Abstand die Fakten beurteilt und ohne grosse Emotionalität die richtigen Schlüssen zieht und dementsprechende Handlungen setzt. Dafür sorgt, dass Exekutive und Judikative unbeinflusst ihre Arbeit verrichtet und die Vorgaben der Legislative erfüllt.

Auf den Punkt gebracht meine ich damit:

Es gibt einen Unterschied in der Beurteilung einer Causa abhängig davon, ob ich diese aus unmittelbarer individueller Betroffenheit, oder in einem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang beurteile.

Sozialwissenschaftlich spricht man vom Mikro/MakroProblem.

Der moderne Mensch muss in der Spannung zwischen vielfach inkonsistenten, sowohl verinnerlichten als auch institutionellen Verhaltenserwartungen leben.

Folgende Fragen sollten dabei im Vordergrund stehen

  • Glaubt irgend jemand, dass eine höhere Strafandrohung derartige Taten verhindern kann?
  • Geht es um Prävention?
  • Geht es um den Schutz der Kinder?
  • Geht es um eine gerechte Strafe für den Täter?
  • Würde ein Rechtsanspruch auf therapeutische Hilfe für die Kinder hilfreicher sein, als höhere Strafen für die Täter?


Oder geht es um gesellschaftliche „Rache“?

Wär auch ok – aber dann bitte das auch so artikulieren.

„Höhere Strafen bringen nichts“, stellte die Wiener Strafrechtsprofessorin Katharina Beclin am Mittwoch unter Verweis auf kriminologische Studien im Gespräch mit der APA fest. Primäres Ziel müsse es sein, die Hersteller und Vertreiber von Missbrauchsmaterial „zu erwischen“.

Diese „hängt ihn höher“-Forderung hilft mE niemandem und ist nichts anderes als eben diese Racheforderung des „gesunden Volksempfindens“.

Ich bin froh, dass in diesem Land Gerichte Urteile fällen und nicht der Mob! Es sollte letztendlich darum gehen, dass der Täter keine weitere Gefahr für die Gesellschaft mehr darstellt. Wer sich statt einem vernünftigen Rechtssystem ein altbiblisches „Aug um Aug – Zahn um Zahn“‘ wünscht kann seine Vorstellung von Gerechtigkeit ja bei einem Regime wie den Taliban betrachten.

Die Nebengeräusche

Die polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnet für das Jahr 2022 3.516 Fälle von Kindesmisshandlung (§ 225 StGB). Insgesamt gab es 4.376 Opfer, 56,5 Prozent davon waren männlich, 43,5 Prozent weiblich. Also nahezu 10 Fälle täglich.

Die Aufklärungsquote lag bei 96,9 Prozent. Sie bezieht sich jedoch nur auf die angezeigten Fälle. Die Dunkelziffer liegt höchstwahrscheinlich bedeutend höher (siehe auch oben § 207).

Dazu meint Ingeborg Zerbes, Professorin für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Wien: „Es ist zwischen Hands On- und Hands Off-Delikten zu unterscheiden“. Sehr hohe Strafen für Täter, die sich nicht direkt an Kindern vergreifen, wären „vergleichsweise unverhältnismäßig“, wenn man sie in Bezug zu unmittelbarem Kindesmissbrauch setzt. Forderungen nach höheren Strafen „bewirken nur eine Scheinprävention“, sagte die Expertin, die sich dagegen ausspricht, allein aufgrund des Falls Teichtmeister die Gesetze zu ändern. „Anlassgesetzgebung lässt Sachlichkeit und kriminalpolitisches Augenmaß vermissen“, warnte Zerbes.

Karner verurteilt zumindest auch die „Aufrufe zur Lynchjustiz“ und hat dabei hoffentlich auch jene im Sinn, die vor dem Wiener Landesgericht einen Galgen mitführten.

Bereits am Wochenende davor gab es vor dem Haus von Teichtmeisters Mutter eine Demonstration bei der ein Galgen eine Rolle spielte. „Teichtmeister, wir kommen!“ lautete das Motto – ausgegeben vom extrem rechten Mastermind der Corona-Leugner Martin Rutter.

Ein Galgen vor dem Haus der Mutter – auch wenn dieser Täter ist – zeigt von einem besonders niederträchtigem Instinkt und ist ebenso zum verurteilen wie die Straftat an sich.

Dazu passt dann auch, dass sich gerade „in diesen Kreisen“ eine auffällige Häufung derartiger oder ähnliche Delikte findet.

In diesem Sinne:
Bleibt´s gsund und losst´s eich nix gfoin!
Basst´s auf eich auf und wehrt´s eich!

Bonus-track:

Nr. 1

Unsere allseits beliebte Jugendstaatssekretärin – ja, genau jene, die meint „viele Ältere wollen keine Pensionserhöhung“ fährt gern mit dem Auto. Um genau zu sein, war sie  pro Monat im Schnitt 7.900 km im Dienstwagen unterwegs. Wenn man eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 79 km/h annimmt (was mE durchaus realistisch ist) ist sie mtl 100 Stunden mit dem Auto unterwegs. Wann arbeitet die gute Frau?

Mir ist schon klar, dass die „Arbeit“ einer Politikerin teilweise auch im Kfz verrichtet werden kann. Aber 100 Std mtl?

Wieviele Chaffeur*innen verbraucht sie dabei?

Wieviele Überstunden fallen da an?

Und das in Zeiten von Videokonferenzen.

Oder sind da auch unnötige Fahrten dabei?

Nr. 2

War es nicht genau das, was wir uns schon immer gewünscht haben? Einen Kanzler der eine „geile Sau“ ist.

Jetzt haben wir einen – Biersaufen kann er der Herr Karl.

Wenn er auch sonst nix kann.

Vielleicht übt er ja daheim mit seiner Kathi und den Personenschützern bei privaten Feiern?

Vom „Geilomobil“ zur „Geilen Sau“.

mit besten grüssen ihre

Österreichische Volkspartei.

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1 thoughts on “Hang ´Em High

  1. Geile ÖVP – made my day – Vielen Dank Hagerhard
    Übrigens: Fellner TV hat den Teichtmeister schon Tage vor dem Prozess stranguliert Ein Moralapostel
    der ganz widerlichen Art.

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