Ein Beispiel, wie es auch sein könnte.
Und eines, von dem ich mir nicht vorstellen mag, dass es Wirklichkeit werden hätte können, wenn Strache, Kickl & Co noch Teil der Regierung wären.
Viktor Orban, bester Freund der Blauen, aber auch unseres Kurz-Kanzlers und noch immer Mitglied der Europäischen Volkspartei, lebt den feuchten Traum aller Rechten jetzt völlig ungehindert und hemmungslos. Schamlos nutzt er die aktuelle Situation auch innerhalb der EU und seiner Mitgliedstaaten um die tatsächliche Bedrohung durch COVID19 für seine Machtphantasien zu nutzen und ungehindert die Demokratie ausser Kraft zu setzen. Alles in dem Bewusstsein, dass ganz allgemein das Hauptaugenmerk auf die gesundheitliche Situation gerichtet und wenig Gegenwehr zu erwarten ist.
Es ist wahrlich zum fürchten.
Offiziell gehört Ungarn mit aktuell 103 Corona-Fällen zu jenen Ländern die noch kaum betroffen sind.
Unverhältnismässig hoch ist dabei aber die offizielle Anzahl von 4 Todesfällen.
Österreich hat bei einer Anzahl von 2814 Erkrankten 8 Tote zu beklagen.
Was auch immer der Grund für diese Unverhältnismässigkeit sein mag.
Aber vielleicht gibt’s ja eine ähnliche Entwicklung wie in Russland, wo die Zahl der Lungenentzündungen plötzlich signifikant gestiegen ist und es offiziell auch keine HIV-Fälle gibt.
Aber was jetzt gerade in Ungarn passiert ist mehr als nur das „Ende der liberalen Demokratie“.
Aber lest selbst, was die Facebook-Seite Pusztastranger berichtet:
Unter diesem Leitsatz gibt es laufende Berichte aus Ungarn.
“Als Nichtungar wirst du das nie verstehen” ist der Standardsatz, den man zu hören bekommt, wenn man Ungarn auf Missstände anspricht oder ihnen bewusst macht, dass etwas ohne viel Aufwand besser funktionieren könnte, wenn sie sich erwischt fühlen. Wir werden zwar nie wirklich verstehen, was in Ungarn vor sich geht, aber als Hungarologen und Hungarophile (die Liebe hat in den letzen 15 Jahren aber stark gelitten) sehen wir es immer noch irgendwie als unsere moralische Verpflichtung an, die deutschsprachige Außenwelt über das eine oder andere Ereignis im Magyarenland zu informieren. Wir wollen niemandem Konkurrenz machen und sind auch nicht eifersüchtig, wir sehen uns als (manchmal vielleicht allzu subjektive) Ergänzung zu anderen Angeboten.
Gestern dann erschien folgedes Posting:
***Es ist vorbei***
So wie es aussieht, lässt Orbán am Montag vom Parlament beschließen, dass der Ausnahmezustand (veszélyhelyzet) so lange dauern darf, wie es die Regierung für notwendig erachtet. Bisher dauert er immer nur 15 Tage und muss vom Parlament dann verlängert werden. Nun will man diesen Mechanismus (der bei der derzeitigen Sitzeverteilung ohnehin wenig taugt) unter Berufung auf die Gefahr der Übertragung des Virus bei Parlamentssitzungen vollständig aushebeln. Vom Parlament beschlossene Gesetze gibt es dann nimmer, nur mehr Verordnungen. Volksabstimmungen sind während dieses willkürlich verlängerbaren Ausnahmezustands verboten, es dürfen keine vorgezogenen Wahlen abgehalten werden und sollte sich ein Vertretungsgremium, z.B. ein Gemeinderat, auflösen, bleibt der Bürgermeister Alleinherrscher. Gleichzeitig wird auch das Strafgesetzbuch dahingehend abgeändert, dass jeder bis zu drei Jahre Gefängnis bekommt, der „Unwahres“ über die Epidemie behauptet (Das bezieht sich auf die Journalisten, die nicht den offiziellen („wahren“) Standpunkt wiedergeben, sondern Schilderungen der wahren („unwahren“) Zustände veröffentlichen. Wir würden da wohl auch dazugehören, säßen wir noch in Budapest.)
Wie wir schon berichteten, haben gestern, Donnerstag, in 140 staatswichtigen Betrieben Abordnungen der ungarischen Armee die Leitung übernommen, und seit heute gehen Soldaten im ganzen Land Patrouille, um „das Vertrauen in der Bevölkerung zu stärken“.
Orbán hat die Chance erkannt und wird sie scheinbar auch nutzen: die vollumfängliche Macht unter Ausschaltung des Parlaments an sich zu reißen. Er sieht das Virus nicht als Problem des Gesundheitswesens, sondern als eines der öffentlichen Ordnung. Seinen Apparat interessiert nur, ob die Matura pünktlich abgehalten werden kann und die Lehrer sich in ihrer „freien Zeit“ nun, während des Online-Unterrichts, eh anständig auf den faschistischen neuen Lehrplan vorbereiten. Daneben versucht man sich bei der Bevölkerung durch Abgaben- und Kreditstundungen an der Augenauswischerei. Es gibt Seitenhiebe auf die EU (Böse EU, vom versprochenen Geld für die Corona-Bekämpfung ist noch kein Fillér angekommen) und Andersdenkende: „Die Opposition drückt dem Virus die Daumen!“ – Gergely Gulyás.
Ob es genügend Ärzte, Medikamente, Tests oder ähnliches gibt, interessiert ihn nicht. Die Hausärzte haben gerade 3 FFP1 Masken (wirkungslos) und eine Flasche Handdesinfektionsmittel erhalten, insgesamt, für die restliche Zeit der Seuche. Tests werden nur durchgeführt, wenn es starke Symptome gibt, Angehörige und Kontaktpersonen werden nicht getestet. Die Chefin des amtsärztlichen Dienstes erklärt, chirurgische Masken würden auch für das Krankenhauspersonal ausreichen usw.
Die Grenzen sind dicht, an der Pressekonferenz das Operativteams darf keine Presse mehr teilnehmen, das Fleisch ist aus, Medikamente sind knapp. Die Alten heben das Geld von ihren Postsparbüchern ab, der Forint steht bei 360. Ungarn ist endgültig verloren. Es ist vorbei.
Und ergänzend:
***MOL, Auchan, Bosch***
Von den 140 Unternehmen, deren Leitung bzw. Überwachung von der ungarischen Armee übernommen wurde, sind 71 bekannt, die Liste ist unter dem Link einzusehen.
Neben diversen Firmen, die sich mit Kriegsmaterial befassen, sind Wasserwerke und Telekommunikationsunternehmen unter das Kuratel der Armee gestellt worden.
Besonders zu erwähnen sind MOL, die ungarische Mineralölverwaltung, Auchan, die französische Einzelhandelskette, Hungaropharma, ein Medikamentenvertrieb, ein Landwirtschaftsbetrieb und die deutsche Firma Bosch, die in Ungarn Elektronikteile und Werkzeuge anfertigt.
Das sind also nicht einfach nur sehr rigide Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie, sondern viel weiter darüber hinausgehend, die Abschaffung der Demokratie. Das ist weit mehr als eine „Gesundheitsdiktatur“.
Dieser zeitlich nicht begrenzte Ausnahmezustand, die Ausserkraftsetzung des Parlaments, das Verbot von freien Wahlen, die Abschaffung der Meinunsfreiheit, die Kontrolle des öffentlichn Lebens durch Soldaten und die Übernahme von Unternehmen durch das Militär sind mehr als nur ein Schritt über gleich mehrere rote Linien.
Ungarn ist ab Montag eine faschistische Diktatur unter Orban.
Wie werden die EU, das europäische Parlament und die EVP darauf reagieren?
Derartige Schritte müssen das sofortige Aussetzen der EU Mitglieschaft bedeuten. Alles andere ist undenkbar. Wer mitten in Europa im Jahr 2020 eine Diktatur einführen will kann nicht EU Mitglied sein. Niemals!
Update vom 23.3. wieder vom „Pusztastranger“:
***Totale Diktatur erst in 8 Tagen***
Fidesz erhielt heute nicht die 4/5 der Stimmen im Parlament, um die Tagesordnung für das Ermächtigungsgesetz abzuändern. Deshalb kann Orbáns Diktaturgesetz erst nächste Woche beschlossen werden (Ausschaltung des Parlaments, Aussetzung bestimmter Gesetze, Durchführung außerordentlicher Maßnahmen). Für ihre Zustimmung forderte die Opposition heute eine zeitliche Beschränkung und die Streichung des Passus über Haftstrafen für Journalisten, wenn diese über Tatsachen in einer Weise berichten, die Panik auslösen kann.
Orbán nannte die Fidesz-Abgeordneten bei seiner Wortmeldung im Parlament die „133 mutigsten Menschen des Landes“. Bei seinem Auftritt im Rahmen der täglichen pressevertreterlosen Pressekonferenz versprach er weitere finanzielle „Zuckerl“ (in erster Linie Steuerstundungen und ein Delogierungsmoratorium). Auch werde nun jeder am Krankenbett eines Corona-Infizierten eine Maske erhalten (sic!), meinte er, weil er seine „Kundschafter und Plünderer“ (sic!) nach Osten geschickt habe und mehr als 10 Flugzeuge voller Material von Masken über Beatmungsgeräte bis zur Schutzkleidung bald ankommen würden.
„Jeder trägt Verantwortung, jeder muss seinen Beitrag leisten. Statt Streit und Sticheleien ist jetzt die Zeit des Zusammenhalts gekommen!“, meinte Orbán salbungsvoll.
Das Erste, was dem Fidesz-Social Media Team heute nach der Parlamentssitzung eingefallen ist:
„Heute hat es sich wieder gezeigt: Auf die Opposition kann man sich nicht einmal dann verlassen, wenn Leben und Sicherheit der ungarischen Menschen auf dem Spiel stehen.“
[Auf dem Bild:] „Die Opposition verhinderte heute die Verlängerung des Ausnahmezustands. Traurig, dass man nicht einmal jetzt auf sie zählen kann.“
Diese Infos gibts auch hier auf ungarisch
Update vom 30.3.2020
Ab heute ist es soweit. Orban hat mit seiner Fidesz alle Massnahmen wie geplant durchgesetzt und Ungarn ist ab sofort eine faschistische Diktatur.
Es ist wichtig festzuhalten, dass die 2/3-Mehrheit auf die Wahlrechtsreform zurückzuführen ist. Orbán und seine Fidesz-Partei erhielten 44,5 Prozent der Stimmen. Aber nicht 2/3!
Wenn die EU nicht augenblicklich und hart reagiert und entsprechende Sanktionen setzt – bis zum Aussetzen der Mitgliedschaft auf Dauer der derzeitigen Situation, kann sie sich ihre „Werte“ sonstwohin schieben.
Und zwar auf Dauer!
Interessant auch, was Bundeskanzler Kurz zu Ungarn NICHT zu sagen hat.