ich habe nicht gespendet!
ich mach nicht mit bei dieser modernen form des „ablass-handels“.
Ablass ist ein Begriff aus der römisch-katholischen Theologie und bezeichnet einen von der Kirche geregelten Gnadenakt, durch den nach kirchlicher Lehre zeitliche Sündenstrafen erlassen werden. Es gibt Teilablässe oder vollkommene Ablässe, die die Gläubigen unter von der Kirche bestimmten Bedingungen erlangen können.
da werden z.b. spenden für einen hort der sich um die kinder alleinerziehender kümmern soll, gesammelt.
es ist ziemlich eigenartig, dass kinderbetreuung als „charityprojekt“ und nicht als selbstverständlicher teil öffentlicher infrastruktur gesehen wird. oder müssen menschen mit beeinträchtigung wirklich darum betteln, dass sie einen barrierefreien bus bekommen?
dieser scheinheilige „besinnlichkeits-overkill“ bei licht ins dunkel ist ziemlich nervig.
anstatt 364 tage im jahr daran zu arbeiten, dass in unserer gesellschaft niemand von armut betroffen ist, setzen sich politiker unserer regierung am 24.12. eine stunde in den orf und heucheln mit salbungsvollen worten anteilnahme.
unser allerliebster bundeskanzler kümmert sich einen dreck um politik für behinderte. im gegenteil.
typisch dafür seine personalpolitik.
er ersetzte den allseits anerkannten und respektierten behindertensprecher josef huainigg durch die türkise kira grünberg. im ersten jahr ihrer tätigkeit ist sie einzig und allein durch aufgefallen, weil sie sich ein auto schenken lies oder weil sie werbung für eine private versicherung machte.
Behindertenorganisationen kritisieren Maßnahmen der ÖVP-FPÖ.
martin ladstätter von BIZEPS meint: „Das erste Jahr der ÖVP-FPÖ-Regierung war geprägt von massiver Verunsicherung. Wir werden im wahrsten Sinne des Wortes verarscht.“ und bernadette feuerstein von SLIÖ sagt zum regierungsprogramm: „Stillstand und Rückschritt, verpackt in schöne Worte“.
so wurde z.b. menschen mit behinderung, die mindestsicherung oder andere leistungen vom staat beziehen, die erhöhte familienbeihilfe gestrichen.
ein ironisches detail am rande:
die spenden für licht ins dunkel ergeben 2018 bisher etwa 9 millionen euro.
die überschreitung der wahlkampfkostenobergrenze durch fpö (€ 3,7 mio) und övp (€ 6.0 mio) insgesamt 9,7 millionen euro.
finde den fehler!
oscar wilde bringt es auf den punkt:
Das wahre Ziel heißt, die Gesellschaft auf einer Grundlage neu zu errichten, die die Armut ausschließt. Und die altruistischen Tugenden haben wirklich die Erreichung dieses Zieles verhindert. Gerade wie die ärgsten Sklavenhalter diejenigen waren, die ihre Sklaven wohlwollend behandelten und dadurch verhindert haben, dass die Greuel des Systems von denen, die darunter litten, erkannt und von denen, die darüber nachdachten, verstanden wurden.
und eduard galeano formuliert:
i don´t believe in charity – i believe in solidarity
charity is so vertical. It goes from the top to the bottom. solidarity is horizontal. it respects the other person.
Eduardo Galeano
Weshalb ich niemals mehr für Licht ins Dunkel spenden würde.
Der geschilderte Vorfall ist verjährt.
Ich las eines Tages eine arme Person in unzumutbarem Zustand auf dem Weg auf.
Sie sei vielleicht aus der Einrichtung nebenbei herausgekrochen, weil ihr kalt wäre so nackt, dachte ich mich mir.
Tatsächlich fand ich drinnen Pflegepersonal, das sie mit Namen ansprach, aber nur widerwillig stand eine der Bediensteten auf, um die Hilflose sofort zu kleiden. Schließlich war Kaffeepause.
Auf einer Eckbank knäuelten sich mehrere geistig behinderte Erwachsene zusammen.
Im großen Raum gab es nichts sonst zur Beschäftigung, nicht mal ein Kissen, ein Buch, Spielzeug oder wenigstens gemusterte Vorhänge zur optischen Zerstreuung. Nur die Möglichkeit verloren auf endlos langen Eiche rustikal Bänken oder zu eng am einzigen Kunstledersofa zu sitzen.
Ich sprach die Mannschaft und schließlich die Heimführung auf die steril-kalte Wohnumgebung an.
Einhelliger Tenor: Sie brauchen jetzt kein Spielzeug mehr, wir haben das weggeräumt, weil die haben jetzt von Licht ins Dunkel einen Super Therapieraum bekommen!
Ich: Wie oft sind sie dort?
Antwort: Wenn genug Pfleger da sind, einmal pro Woche.
Als Konsequenz bat ich Licht ins Dunkel, Zuwendungen für spektakuläre Therapieformen oder – räume nur mehr zu vergeben, wenn vorher bestimmte Grundbedürfnisse seitens der Heime erfüllt wurden und auch beibehalten werden. Ein einfacher Fragebogen könnte das klären.
Man fand das nicht nötig.
Die weitere Beschäftigung mit der Frage, was geschehe, wenn eine Einrichtung spektakulär Neues durch Spenden finanziert erhalte, zeigte mir, dass sich dadurch die Pflege- oder Zuwendungszeit verringern kann.
Als Beispiel, die Gruppe Moritz hätte vom Unternehmer Max einen durch Charity finanzierten innovativen Raum montiert bekommen.
Ab nun ist das ein Referenzobjekt für den Unternehmer, reichlich interessierte Kunden und künftige geschäftliche Konkurrenten werden sich zu Besichtigungen anmelden, Politiker sich in der schönen Kulisse fotografieren lassen im Wahlkampf, und viele Schüler und Studenten klassenweise herkommen.
Sie müssen in der Regel von Menschen in Leitungsfunktion geführt werden, Zeit die nicht für die verantrauten Bedürftigen verwendet wird. Aber zu jeder Exkursion gehört auch Verpflegung, woher das Geld kommt, möchte ich lieber nicht fragen. Zur Anfertigung der Speisen wird die Arbeitskraft der Küche benötigt und mehr geputzt muss auch werden.
Irgendwo muss voraussichtlich die Arbeitszeit eingespart werden.
Spektakulär Neues bedeutet meist auch, dass nur ein Unternehmer die Bedingungen erfüllen kann.
Das macht stutzig. Wen fördert man da eigentlich mehr, die Behinderten oder ausgesuchte Firmen?
Weiter zum Nachdenken.
In meiner Kindheit besuchte uns manchmal ein sonniger Herr. Er gab sich mit keinem der vielen Kinder im Dorf näher ab (er war sauber9 aber verbreitete zu den Erwachsenen hin Freundlichkeit und Wohlgefühl.
Heute gilt er als einer der bekanntesten Männer Österreichs, weil er Einrichtungen für Kinder plante und zum größten Teil mit Spendengeld errichten konnte. Eine der Gebäudegruppen war nebenan gewachsen.
Menschen durchwegs von weiter weg brachten ihre Kinder hin zu längeren Therapien.
Es fiel uns auf, wenn ganz arme Bergbauern mit völlig veralteten Traktoren beispielsweise zugehackte Baumstämme anlieferten, bereit sie zu montieren, damit die Kinder endlich einen Spielplatz hätten. Sie wollten auch die Kosten für die Überprüfung und Zulassung aufbringen. Andere brachten ganze Fuhren Lebensmittel oder Saatgut hin, es änderte sich trotzdem nichts. Karge Öde zwischen unseren Häusern und dem nahen Heim.
Durch eine Verwandte, selbst arme Bäuerin, die ihre Tochter mit Trisomie 21 hingebracht hatte, erfuhren wir, warum sich nichts verbessern dürfe. Es wurde nicht ihr, der Mutter gesagt, vielmehr hatte es die geistig Behinderte erfragt, ein selbstbewusstes und resolutes Mädchen:
Wenn es außen sichtbare Verbesserungen gäbe, blieben weitere Spenden aus.
Das bedeutete, es durfte den Bedürftigen nicht gut genug gehen.