Wenn du das Internet nutzt, dann sollte dich das auf jeden Fall interessieren. Artikel 13 hätte negative Auswirkungen auf das Internet und auf alle, die in irgendeiner Form Inhalte produzieren. Auch wir wären davon unmittelbar betroffen. Profitieren werden davon – du kannst es dir denken – nur die großen Tech- und Content-Riesen.

Im blinden Pseudo-Aktionismus gegen Google und Facebook droht das Europaparlament vor allem der heimischen Konkurrenz zu schaden, am Ende werden die größten Plattformen noch größer.

 

Es geht um die Reform des EU-Urheberrechts. Im Mittelpunkt steht dabei der Artikel 13.

 

Die Befürworter*innen behaupten, Urheber*innen und Künstler*innen erhalten, nach jahrelangem Urheberrechts-Missbrauch durch Internet-Giganten, endlich mehr Kontrolle über ihre Rechte im Internet.

 

Die Gegner*innen der Reform sind der Meinung,  das ist das Ende des freien Internets, wie wir es kennen, wo alle ohne Erlaubnis mit allen kommunizieren können.

 

Was stimmt?

Es ist kompliziert. Ein Beispiel.

Im EU-Recht gibt es sogenannte Schrankenregelungen für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte im Privaten, für Satire, Bildung usw. Nach Artikel 13 müssten Filter in der Lage sein, diese Ausnahmen zu erkennen. Doch das können sie nicht. Deswegen wird es unmöglich sein, diese entscheidenden Ausnahmen richtig anzuwenden.

Hinzu kommen absurde Gesetze, die bisher fast nie angewandt wurden, aber plötzlich leicht durchzusetzen sein werden. In einigen Ländern der EU ist es eine Urheberrechtsverletzung, Fotos oder Videos von Gemälden, Gebäuden oder Skulpturen zu machen, die sich an öffentlichen Orten befinden. Wenn Sie also zum Beispiel ein Fotograf sind und Ihr Foto ein solches Gebäude beinhaltet, und der Urheber sein Recht geltend machen möchte, dann könnte es sein, dass Ihr Bild nicht hochgeladen wird. Ebenso verwenden Memes häufig urheberrechtlich geschützte Inhalte, so dass auch sie herausgefiltert werden könnten, wenn Rechteinhaber*innen dies verlangen.

 

Nach Artikel 13 müssten Filter nicht nur alle „identifizierten“ Gebäude erkennen und blockieren können, sondern gleichzeitig auch die nationalen Urheberrechtsgesetze berücksichtigen. Nach französischem, italienischem und slowenischem Recht, die grundsätzlich die Panoramafreiheit einschränken oder gar nicht zulassen, müssten die Filter das Bild blockieren. Nach österreichischen, britischen und irischen Regeln wäre das Bild online jedoch erlaubt. Wie eine Plattform, die in all diesen Ländern operiert, ihre Filter anwenden soll, lässt sich nur vermuten.

 

Die Plattformen werden natürlich den einfachsten Weg gehen und all diese Ausnahmen und nationalen Besonderheiten nicht berücksichtigen und einfach alles zu blockieren, was eine Verletzung darstellen könnte. Denn das Blockieren von Inhalten birgt kein rechtliches Risiko, während deren Veröffentlichung ein potentielles Risiko darstellt.

 

Artikel 13 bedeutet auch, dass wir uns von einem Internet, in dem Kreative sich mit ihrem Publikum auf eigene Faust verbinden können, hinbewegen in eine Welt, in dem sie ihre Nutzungsrechte gegenüber Verwertungsgesellschaften lizenzieren müssen. Diese lizenzieren die Rechte dann wiederum (oder auch nicht) an wenige US-Online-Plattformen, die in letzter Instanz über die zu Grunde liegenden Lizenzbedingungen entscheiden. Denn wenn keine Einigung zugunsten der Plattformen erzielt wird, entscheiden diese sich einfach für einen Verbot der Inhalte.

 

Wenn Artikel 13 die größten Plattformen zur Rechenschaft ziehen würde, wäre das eine gute Sache. Wenn Artikel 13 sicherstellen würde, dass Künstler*innen ihr Publikum leichter erreichen könnten, wäre das eine gute Sache. Wenn Artikel 13 die Anzahl der Gatekeeper reduziert, kleineren Künstler*innen mehr Macht verleiht und es ihnen ermöglicht, für ihre Arbeit leichter bezahlt zu werden, wäre das eine gute Sache. Stattdessen geht es darum, das Internet, wie wir es kennen, zu demontieren und die Starken zu stärken.

 

Selbstverständlich unterstützen auch wir die Ziele des Vorschlags, den Künstler*innen mehr Macht und mehr Kontrolle zu geben. Leider gibt es wenig Hinweise darauf, dass die Reform eine Chance hat, dieses Ziel zu erreichen.

 

Wie die Internationale Journalisten-Vereinigung (International Federation of Journalists) sagte: „Die Urheberrechtsrichtlinie verspottet die Autorenrechte von Journalisten, indem sie Übernahmeverträge und Mobbing fördert, um Journalisten zu zwingen, ihre Rechte abzutreten, und den Verlegern eine Freifahrt ermöglicht, um mehr Gewinne zu erzielen, während die Journalisten Null erhalten“.

Diese Analyse gilt für alle Bereiche.

 

Dieser Kommentar basiert auf einem Artikel von Joe McNamee, der unter CC BY-SA 4.0 – Lizenz veröffentlicht wurde.

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