Ich bin grad etwas erstaunt über den Meinungsumschwung innerhalb der Grünen und speziell über deren Wiener Vorsitzende Birgit Hebein.

 

Im Juni 2019 sagte sie über eine mögliche Koalition mit der türkisen ÖVP auf eine entsprechende Frage in der ZIB2:

„Momentan fehlt mir die Fantasie dazu, noch dazu, wenn ich an die ganzen Spendenskandale denke“

und in einem Kurier-Interview:

Der ÖVP-Chef „sollte mal was arbeiten, ich meine so eine normale Arbeit abseits von Politik“.

In einem APA-Interview Anfang September meinte sie:

„Ich habe keine Vorstellung, wie Türkis und Grün zusammenkommen könnten – weder beim Klimaschutz noch bei der Rechtsstaatlichkeit noch bei der Kinderarmut“

 

Inzwischen klingt das völlig anders.

Sie hat veränderte Bilder im Kopf und ist „bestärkt in dem Bemühen, Gemeinsamkeiten zu finden und gemeinsame Wege (mit der türkisen ÖVP) zu beschreiten.“

Selbst die immer offensichtlicher werdenden Verstrickungen ihres Verhandlunsparnters ÖVP in die „Casino-Affäre“ können sie da nicht beirren.

„Die Casinos-Affäre wurde noch nicht thematisiert, versicherte sie. Die bekanntgewordenen Chatprotokolle um die Bestellung von FPÖ-Mann Peter Sidlo zum Casinos-Finanzvorstand würden nicht am Vertrauen in die ÖVP kratzen“.

Da frag ich mich dann doch, was passieren muss, womit dieses Vertrauen erschüttert wird?

 

Damit liegt sie voll auf der ebenso erstaunlichen Linie mit ihrem Parteichef Werner Kogler.

Der sagte einst:

„Vizekanzler unter Kurz? Kann ich mir nicht vorstellen, weil ich sicher nicht irgendetwas unter jemandem bin. Was ich aber sicher machen werde, ist, bei entsprechenden Wahlergebnissen und Konstellationen im neuen Nationalrat das Gespräch zu suchen, um Mehrheiten jenseits von der alten türkis-blauen korruptionsanfälligen, konzerngesteuerten Regierung zu finden. Ich sehe bei der derzeitigen türkisen Truppe aber geringe Wahrscheinlichkeiten, dass es hier wirklich zu Koalitionsvereinbarungen kommen kann.“

und

„Mit dieser türkisen Schnöseltruppe geht es sicher nicht.“

Jetzt meint er, dass dies ja nur auf das Umfeld von Kurz gemünzt war und dass die Umgebung von Sebastian Kurz sehr professionell aufgestellt ist und der Grünen-Chef sieht keine unüberwindlichen Hürden für eine Koalition.

 

Fast könnte man den Eindruck gewinnen, K&K sind „best buddies“.

(Foto Tom Neffe)

 

Fast noch erstaunlicher ist der Sinneswandel von Sigi Maurer, der neuen Klubobfrau des grünen Parlamentklubs.

 

„Man kann Kurz vertrauen“

Kurz habe „eine erstaunliche Karriere in den letzten Jahren hingelegt“ sagt sie, die vor der Wahl „One-Man-Shows dieser Entertainer mit ihrer Schwarzweiß-Politik als  massiv demokratiegefährdend“ bezeichnete und damit wohl eben diesen Kurz meinte.

 

Vergessen der, mit einem süffisanten Lächeln dekorierte, Kurz-Sager: „Das ist ausgeschlossen“ auf eine mögliche grüne Ministerin Sigrid Maurer in einer möglichen türkis-grünen Regierung angesprochen.

 

Der „Stinkefinger“ scheint offensichtlich längst vergessen.

Das neu entstandene Vertrauensverhältnis zwischen den beiden gleichaltrigen Politstars war dann auch bei der letzten Nationalratssitzung zu sehen.

Jetzt kann ich der Argumentation vieler Grünsympathisanten, dass Türkis-Grün mit Sicherheit eine deutlich bessere Alternative für dieses Land ist als Türkis-Blau, durchaus etwas abgewinnen.

Es ist den Grünen zuzutrauen, dass sie in der Lage sein könnten, abseits der vielen „Einzelfälle“ und der offensichtlichen Korruption innerhalb der letzten Regierungskoalition, wieder vertretbare und respektable Regierungspolitik abzuliefern.

 

Aber das kann und darf doch nicht heissen, dass das berechtigt bestehende Misstrauen gegenüber Kurz und seiner „Schnöseltruppe“ über Bord geworfen wird und plötzlich bedingungsloses Vertrauen signalisiert wird. Vor allem, nachdem immer klarer wird, dass Kurz und Blümel in der „Casinoaffäre“ zumindest wussten, was gespielt wird, wenn nicht gar als Akteure involviert waren.

 

Da könnte es passieren, dass das neugewonnene Vertrauen vieler Wähler in die Grünen ganz schnell wieder verspielt wird.

 

In diesem Sinne:

Bleibt´s gsund und losst´s eich nix gfoin!

Passt´s auf eich auf und wehrt´s eich!

 

 

P.S.:

Und wenn ich schon dabei bin, auch noch sachliche, inhaltliche Kritik zur Position der Grünen zum jetztigen Zeitpunkt.

In der Themensetzung der Grünen nach der Wahl wird immer wieder die Kinderarmut angesprochen.

Das ist gut und richtig.

Dabei darf aber keinesfalls darauf vergessen werden, dass arme Kinder auch arme Eltern und Grosseltern haben.

Kürzungen bei Mindestsicherung oder anderen Sozialleistungen betreffen nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene und vor allem Menschen mit Mindespensionen in grossem Ausmass.

Nur die Armut von Kindern bekämpfen zu wollen ist eindeutig zu wenig.

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